Beitragsresultate ergeben sich je nach Versicherungssparte

Bei der Umstellung auf die neuen Unisex-Policen stellen sich viele Verbraucher die Frage, ob ihre künftige Versicherung nun billiger oder teurer wird. Zwar wird es – je nach Sparte und Geschlecht – teilweise zu einer geringfügigen Verbilligung kommen, der Großteil der Versicherungsnehmer wird jedoch satte Beitragserhöhungen in Kauf nehmen müssen. Denn die Beiträge ergeben sich ausschließlich aus der Versicherungsart. Auch wenn sich die meisten Versicherer auf ihren Internetseiten dagegen wehren: Die Neuregelungen, die sich bei den Unisex-Tarifen ergeben, können nur durch Beitragserhöhungen wieder aufgefangen werden. Alles andere würde jeder betriebswirtschaftlichen Auslegung widersprechen.

Dabei werden viele Versicherer ihre Beitragserhöhungen in der Weise verschleiern, in dem sie entweder ihre Leistungen deutlich kürzen und der Verbraucher wieder – um in den Genuss dieser Leistungen zu gelangen – weitere Versicherungen abschließen muss, was letztlich nichts anderes ist als eine versteckte Beitragserhöhung. Oder die Versicherungskunden werden mit Risikozuschlägen belastet, was auch hier wieder dazu führt, dass letztlich ein höherer Beitrag bezahlt werden muss. Zu diesem Schluss kam auch die Zeitschrift „Finanztest“ in ihrer aktuellen Septemberausgabe 2012, als sie eine ganze Reihe von Unisex-Angeboten der unterschiedlichen Versicherungssparten untersuchte.

Auch wenn die Versicherer künftig von „gleichen Leistungen für Frauen und Männer“ sprechen, bedeutet dies nicht gleichzeitig, dass auch alle bisherigen Leistungen beibehalten werden. Dies kann an einem Beispiel der Allianz verdeutlicht werden:

 

Nichts anderes wird es im Bereich der (Risiko-)Lebensversicherungen bei Rauchern und Nichtrauchern ergeben. Und entsprechend werden Vielfahrer innerhalb ihrer Kfz-Versicherung weitaus mehr bezahlen müssen als Wenigfahrer. Auch im Bereich der Pflegeversicherungen wird es nach Unisex-Umstellung für männliche Versicherungsnehmer um rund 40 Prozent teurer werden, weibliche Versicherungsnehmer können hingegen mit Beitragsvorteilen von bis zu 25 Prozent rechnen. Bei den Risiko-Lebensversicherungen werden künftig weibliche Versicherungsnehmer mit Beitragserhöhungen um rund 55 Prozent rechnen können, ihre männlichen Versicherungsnehmer können hingegen auf Beitragssenkungen von bis zu 22 Prozent freuen.

Die bisher genannten Beispiele verdeutlichen aber auch, dass eine ideale Mitte bei Internet-Vergleichen in Bezug auf Unisex-Tarife nur schwer von den künftigen Versicherungsnehmern getroffen werden kann. Gerade im Bereich der Pflegezusatzversicherung können alle männlichen Versicherungsnehmer die neuen Nachteile dadurch ausgleichen, in dem sie sich für einen Tarif bei der Deutschen Familienversicherung (DFV) entscheiden. Der Versicherer bietet neben günstigen Alt-Tarifen auch weitaus günstigere Unisex-Varianten an. Ähnliches gilt bei Risiko-Lebensversicherungen als Unisex-Tarif, hier bietet die CosmosDirekt wieder entscheidende Vorteile. Einige Versicherungsgesellschaften wie zum Beispiel die Gothaer Versicherung bietet ihren Kunden sogar eine Wechseloption an, die bis in das Jahr 2013 hineinreicht. Andere Gesellschaften wollen ihre künftigen Kunden nicht auf einen wichtigen Versicherungsschutz abwarten lassen und bieten für den Fall einer nachteiligen Umstellung dem Kunden an, in eine bessere Variante zu wechseln. In diesem Fall hat der Kunde dann vielfach sogar noch die Möglichkeit, seinen Vertrag rückwirkend (!) umstellen zu lassen. 

Die neuen Beiträge werden sich aber auch künftig nach den Vorgaben der bislang teureren Geschlechter richten. Dies zeigen die bisherigen Übergangsverträge der Versicherer. Von daher ist es aktuell fast unmöglich, einen umfassenden Unisex-Versicherungstarifvergleich durchzuführen. Denn auch wenn sich zum Beispiel für die weiblichen Versicherungskunden die Beiträge erhöhen sollten, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass im Gegenzug nun auch die Beiträge derselben Versicherungssparte gesenkt werden. Von daher ist es vorteilhafter, erst einmal den Stichtag 21.12.2012 abzuwarten. In keinem Falle sollte hingegen ein bereits bestehender Versicherungsvertrag schon heute auf den neuen geschlechtsneutralen Unisex-Tarif umgeschrieben werden.

Das gilt übrigens auch nach dem Stichtag: Bestandskunden müssen sichergehen, dass sie ihren bisherigen Versicherungsschutz durch eine eventuelle Umstellung nicht verlieren. Zudem darf bei einem Wechsel nicht vergessen werden, dass es vielfach zu einem Verlust der bereits eingezahlten Leistungen kommt.

Versicherungs-Sparte Vertragsbedeutung
(wichtig/unwichtig)
Beitragsänderung
weibliche
Versicherungsn.
Beitragsänderung
männliche Versicherungsn.
Private Krankenversicherung zwingend erforderlich, falls nicht gesetzlich/freiwillig versicherbar Erhöhung für weibliche Versicherungsnehmer Entlastung für männliche Versicherungsnehmer
Private Rentenversicherung äußerst sinnvoll für Personen mit geringer gesetzlicher Rente Entlastung um bis zu 4 % Erhöhung um bis zu 10 %
Private Pflege(zusatz-) versicherung äußerst sinnvoll, um Kinder oder Angehörige zu entlasten Erhöhung um bis zu 24 % Erhöhung um bis zu 40 Prozent
Berufsunfähigkeitsversicherung äußerst sinnvoll wegen geringer gesetzlicher Leistungen Entlastung um bis zu 5 % Erhöhung um bis zu 35 %
Kapital-Lebensversicherung Risikoschutz sollte nie mit Altersvorsorge kombiniert werden Erhöhung um bis zu 6 % Entlastung um bis zu 3 %
Risiko-Lebensversicherung Wichtig für Personen, die Hinterbliebene versorgen müssen Erhöhung um bis zu 55 % Entlastung um bis zu 22 %
Riester-Rentenversicherung zusätzlicher Schutz mit steuerlicher Förderung keine Veränderung, da Unisex-Tarif keine Veränderung, da Unisex-Tarif
Rürup-Rentenversicherung äußerst sinnvoll für Freiberufler und Selbständige Entlastung um bis zu 6 % Erhöhung um bis zu 10 %
Direktversicherung, Pen-sionskasse, Pensionsfonds zusätzlicher günstiger Schutz über Gruppentarife inklusive staatlicher Förderung Entlastung für weibliche Versicherungsnehmer Erhöhung für männliche Versicherungsnehmer
Pflegetagegeldversicherung langfristige Beitragszahlung muss gewährt sein Erhöhung um bis zu 25 % Erhöhung um bis zu 24 Prozent
Pflegerentenversicherung langfristige Beitragszahlung muss gewährleistet sein Erhöhung um bis zu 25 % Erhöhung um bis zu 40 %
Unfallversicherung sinnvoller Schutz für Hausfrauen und Kinder Erhöhung für weibliche Versicherungsnehmer Entlastung für männliche Versicherungsnehmer
Kfz-Haftpflichtversicherung als Kfz-Halter zwingend erforderlich Erhöhung für weibliche Versicherungsnehmer Entlastung für männliche Versicherungsnehmer

Die Werte in der Tabelle stellen lediglich Annahmen dar. Diese können sowohl nach unten als auch nach oben tendieren

Besonders problematisch wird für künftige Versicherungsnehmer der Wechsel der Versicherung ausfallen. Dies gilt insbesondere für Personen, die sich in einer Privaten Krankenversicherung befinden. Je nach Versicherungsgesellschaft können Tarife angeboten werden, die weitaus günstiger im Unisex-Tarif zu haben sind. Andererseits muss aber auch davon ausgegangen werden, dass gerade jüngere weibliche Versicherungsnehmer eine drastische Verteuerung gegenüber ihren männlichen Kollegen hinnehmen müssen. Vor einem Wechsel sollte daher in jedem Fall überlegt werden, ob eine Private Krankenversicherung überhaupt den optimalen Versicherungsschutz darstellt.

Wer sicher gehen will, sollte daher nichts überstürzen. Erst wenn sich die Versicherer generell auf die Unisex-Produkte eingestellt haben, kann über einen entsprechenden Versicherungsvergleich festgestellt werden, welches Produkt auch das Richtige ist. Wer überstürzt wechselt, geht oftmals das Risiko einer jahrelangen Zahlungsverpflichtung ein. Vielfach müssen Verträge sogar gekündigt werden. Dieser teure Ausstieg kann vermieden werden, in dem man mit dem Thema „Versicherungsprodukte“ ebenso sorgsam umgeht wie mit Deutschlands liebstem Spielzeug: das Auto.