Stellt die Bürgerversicherung eine Herausforderung dar?
Ein endgültiges Konzept der Bürgerversicherung gibt es noch nicht, aber die Grundzüge sind bereits festgelegt. Diese neue Versicherung, die viele auch als Einheitsversicherung bezeichnen wollen, hat nicht nur Befürworter, sondern auch Widersacher. Dennoch wird sie sich einigen Herausforderungen stellen müssen.
Die Krankenkassen können mit ihren Reformen keine Verbesserung bringen
Das allgemeine Krankenkassensystem kann grundsätzlich als marode bezeichnet werden. Es wurden diverse Gesundheitsreformen eingeführt, in denen die Zielsetzung war, Kosten einzusparen. Allerdings ging dies sehr stark zu Lasten der Pflichtversicherten, die nicht nur mit höheren Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung stärker belastet wurden. Gleichzeitig mussten sie starke Leistungskürzungen oder gar vollständige Streichungen hinnehmen. Weiterhin haben sie Zuzahlungen zu leisten, wie beispielsweise die Praxisgebühr. Und dieser Umstand wird sich mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren nicht zum Positiven verändern. Im Gegenteil, aktuell kommen wieder höhere Belastungen im Bereich der Zahnbehandlungen mit Zahnersatz auf die Bürger zu. Zurecht fragen sich die gesetzlich Versicherten, was eigentlich mit den Beiträgen geschieht und vor allem, wohin das Ganze noch führen soll. Wer nicht bereits über eine zusätzliche private Krankenzusatzversicherung verfügt, verzichtet vielfach auf die Behandlungen aus Kostengründen, was letztendlich aber wieder zu Lasten der Krankenkassen gehen wird. Denn wenn medizinisch notwendige Behandlungen nicht in der Form durchgeführt werden können, wie der Patient sie eigentlich benötigt, wird sich dies auf den allgemeinen Gesundheitszustand dauerhaft nachhaltig auswirken. Um dennoch den Versicherten mehr Qualität zur Verfügung stellen zu können, haben die Krankenkassen eine Vielzahl an Bonusprogrammen entwickelt, in denen der Versicherte beispielsweise für die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen entsprechend belohnt wird. Auch Wahltarife stehen zur Verfügung, an denen der Verbraucher nach Abschluss jedoch drei Jahre gebunden sein wird. Freiwillig Versicherte haben die Möglichkeit, in die private Krankenversicherung zu wechseln, um zumindest eine bessere Absicherung zu erhalten.
Die Bürgerversicherung auf die Beine zu stellen, ist nicht einfach
Die Bürgerversicherung, die seit dem Jahr 2003 bereits in aller Munde ist, soll nun die zahlreichen Missstände des Gesundheitswesens ausmerzen. Und hier ist sicherlich die größte Herausforderung zu sehen, was an den jeweils wieder überarbeiteten und neu vorgestellten Konzepten erkennbar wird. Zuviel muss bedacht oder neue Eventualitäten eingearbeitet werden. Und nach jeder Neuvorstellung gibt es wieder Diskussionen zwischen den Befürwortern und den Gegnern der Bürgerversicherung. Denn das Ziel ist es, ein qualitativ hochwertiges sowie bezahlbares Gesundheitswesen auf die Beine zu stellen, die allen Anforderungen gerecht wird. Bezahlbar kann es aber nur sein, wenn alle Bürger einzahlen, und dies prozentual gemäß ihres Einkommens. Dabei soll der Arbeitnehmer entlastet werden, der Arbeitgeber wird entsprechend stärker herangezogen. Beide jedoch zahlen durch das neue System der Bürgerversicherung immer einen gleich hohen Betrag. Weiterhin wird noch ein Abschlag aus der Abgeltungssteuer integriert und mit allen Säulen soll die Finanzierung theoretisch durchführbar sein. Und genau darin ist bereits die nächste, große Herausforderung gegeben. Die Gegner der Bürgerversicherung bezeichnen daher die Konzepte nach wie vor als nicht durchführungswürdig. Sie befürchten vielmehr, dass die Beiträge ab dem Jahr 2020 explosionsartig in die Höhe schnellen könnten und ab etwa 2050 wären sie nicht mehr zu bezahlen. Die Widersacher sehen darin die Gefahr, dass dann wiederum Leistungen der Krankenkassen gekürzt werden müssten, um die Beiträge weiterhin auf einem bezahlbaren Niveau zu halten. Somit wäre dann wieder ein ähnlicher Umstand wie der zurzeit geltende erreicht.
Die Bürgerversicherung steht für mehr Gleichheit und Qualität
Aber dies sind noch längst nicht alle Herausforderungen, es kommen noch weitere hinzu. Zum einen soll der Wettbewerb unterhalb der Krankenkassen gefördert werden. Dies bedeutet, dass sie ihre Beitragssätze wieder selbst bestimmen möchten, Zuschläge jedoch nicht mehr zulässig sind. Dies bedeutet also, wer am besten wirtschaftet und die günstigsten Beiträge anbieten kann, wird die meisten Versicherten erhalten. Weiterhin soll eine Patientengleichheit hergestellt werden, das bisherige Zweiklassensystem wird es dann nicht mehr geben. Zum einen liegt dies darin begründet, dass die Ärzte lediglich nach einer Gebührenverordnung abrechnen können. Dies bedeutet, dass jeder Patient genau die gleiche Behandlung bekommen wird und es eine bevorzugte Behandlung nicht mehr geben wird. Aber zum anderen auch daran, dass selbst privat Versicherte in die gesetzliche Bürgerversicherung einzahlen müssten, was wiederum gleichbedeutend damit ist, dass sie nicht mehr privat versichert wären, sondern ebenfalls in den Krankenkassen aufgenommen werden würden. Dies gilt besonders für all diejenigen, die sich neu versichern müssen, denn für sie gilt automatisch die Bürgerversicherung. Bisher privat Versicherte haben noch das Wahlrecht, ob sie ihren bisherigen Tarif behalten. Für die Überlegung haben sie etwa neun Monate Zeit. Entscheiden sie sich jedoch für ihren aktuellen Versicherungsstand, haben sie keine Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt in die Krankenkasse zurückgehen zu können. Ebenfalls ist die Pflegeversicherung in der Bürgerversicherung integriert und soll auch hier für mehr Qualität der Patienten sorgen. Die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen sowie ihren Angehörigen stehen dabei im Mittelpunkt. Das Pflegepersonal, welches ständig unter Zeitdruck steht und eine zu geringe Entlohnung erhält, soll dann leistungsgerecht bezahlt werden. Dass die Bürgerversicherung in den nächsten Jahren ihren Einzug erhalten wird, steht bereits fest. Ob sie den Herausforderungen standhalten wird, muss sich dann erst beweisen.