Der ambulante Pflegedienst
Das Schicksal, irgendwann einmal pflegebedürftig zu werden, kann jeden Menschen treffen. In diesem Falle muss nicht einmal ein hohes Alter eine Rolle spielen, immer mehr jüngere Menschen werden auf Grund einer Krankheit, einer Behinderung oder gar eines Unfalles pflegebedürftig. Dann sind die Menschen plötzlich auf die Hilfe anderer angewiesen.
Was zudem viele nicht bedenken: Pflegebedürftigkeit trifft die meisten Menschen und deren Angehörige meist völlig unvorbereitet.
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Liegt hingegen eine akute Erkrankung vor, die langsam in die Pflegebedürftigkeit führt, dann können sich alle Beteiligten über einen längeren Zeitraum auf diese Situation einstellen.
Da es innerhalb der Pflegebedürftigkeit eine Vielzahl von Leistungsansprüchen gibt, die entsprechend von der persönlichen Situation des Pflegebedürftigen abhängen, müssen alle Betroffenen wissen, welche Anträge bei welcher Stelle abgegeben werden können.
Beispiele: Die Grundpflege (also die Unterstützung eines Pflegebedürftigen) sowie allgemeine Tätigkeiten innerhalb der Haushaltsführung (sog. Hauswirtschaft, d.h. Kochen, Wäsche waschen etc.) können von Familienmitgliedern oder anderen Angehörigen durchgeführt werden.
Zudem wird die Hauswirtschaft getrennt von den pflegerischen Hilfsmaßnahmen bewertet, da eine Unterstützung des Pflegebedürftigen in diesen Bereichen bereits bei einer geringen Pflegebedürftigkeit notwendig ist. Die Behandlungspflege ist hingegen eine Leistung der Krankenkasse und darf ausschließlich durch Fachkräfte erbracht werden.
Um sich für einen geeigneten Pflegedienst zu entscheiden, müssen die Angehörigen des Pflegebedürftigen erst einmal ihre eigene Belastbarkeit einschätzen lernen. Erst im Anschluss daran gilt es, entsprechende Hilfe von außen anzunehmen. In diesem Zusammenhang gilt es auch zu prüfen, ob eventuell beim Pflegebedürftigen ein Härtefall vorliegt.
Hierunter versteht man einen erhöhten Pflegebedarf, der weit über die Kriterien der Pflegestufe 3 bzw. des Pflegegrades 5 hinausgeht. Was bedeutet: Hilfestellung muss mindestens dreimal pro Nacht und insgesamt mindestens sechs Stunden täglich erforderlich sein.
Die richtige Unterteilung der Pflege
Pflege ist nicht gleich Pflege – sie wird unterteilt in Leistungen der Krankenversicherung, Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen durch den Hausarzt (sog. Behandlungspflege). Je nachdem, welche Institution gewählt wird, fallen die Leistungen entsprechend höher bzw. niedriger aus.
Leistungen durch den Hausarzt
Damit die ärztliche Weiterbehandlung nach einem Krankenhausaufenthalt sichergestellt ist, kann der Hausarzt Maßnahmen zur Behandlungspflege für maximal 4 Wochen verordnen (z.B. die Gabe von Medikamenten durch einen Pflegedienst bei einer Patientin mit nachlassendem Gedächtnis oder wenn sich eine Person das Insulin nicht selber spritzen kann). Geht es um die Verordnung von Hilfsmittel, hat ebenso die Verordnung durch einen Arzt zu erfolgen.
Leistungen durch die Krankenversicherung
Die gesetzliche Krankenversicherung hat ihre Zuständigkeit bei den Leistungen rund um die medizinische Behandlung einer versicherten Person. Beispiele: Verordnung einer häuslichen Krankenpflege nach einem Krankenhausaufenthalt, Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse erfolgt in diesem Fall auch für die verordnete Grundpflege, für hauswirtschaftliche Tätigkeiten sowie für die Behandlungspflege.
Für 28 Tage pro Kalenderjahr muss der Versicherte 10 Prozent der anfallenden Kosten sowie 10 Euro pro Rezept aus eigener Tasche bezahlen. Pro Krankheitsfall besteht ein gesetzlicher Anspruch auf bis zu 4 Wochen Unterstützung.
Um eine Verschlimmerung einer Krankheit zu verhindern, übernehmen die Kassen (ebenso wie der Rententräger) auch die Kosten für ambulante bzw. stationäre Rehabilitationen. Für den Fall einer unheilbaren bzw. weit fortgeschrittenen schweren Erkrankung werden die Kosten für eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung ebenfalls von den Kassen übernommen.
Zudem besteht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung auch ein Anspruch auf Hilfsmittel, die gezielt der Krankenbehandlung dienen müssen (bspw. höhenverstellbares Pflegebett, Rollator, Toilettenstuhl, Hörgeräte, orthopädische Einlagen, Kompressionsstrümpfe, Inkontinenzhilfen, Stoma-Artikel).
Für diese Hilfsmittel zahlt die Kasse einen sog. Festbetrag. Die Differenz zwischen Festbetrag und tatsächlichem Preis muss der Versicherte aus eigener Tasche bezahlen.
Leistungen durch die Pflegeversicherung
Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung und die Leistungen durch die Pflegekasse gehen vielfach ineinander über. Dennoch haben die Pflegeversicherungen ebenso ihre Vorschriften, bspw. bei Hilfsmitteln. Werden diese über die Pflegekasse finanziert, dann ist eine medizinische Notwendigkeit nicht erforderlich.
Der Grund: Die Hilfsmittel sollen die Pflege erleichtern (bspw. Pflegebetten, Sitzhilfen, Bettpfannen, Waschsysteme) bzw. Beschwerden lindern (bspw. Notrufsystem, Lagerungsrollen, Bettschutzeinlagen) oder dem Pflegebedürftige eine selbständigere Lebensführung ermöglichen.
Die richtige Vorbereitung steht vor der Auswahl des Pflegedienstes
Nicht in allen Fällen müssen sich Betroffene schnell für einen Pflegedienst entscheiden, bspw. wie nach einem Schlaganfall. Bei Vorliegen einer chronischen Erkrankung, bei der sich die körperliche Leistungsfähigkeit erst im Laufe der Jahre verschlechtert (bspw. Demenz), bleibt den Angehörigen mehr Zeit, da es sich um eine langsam wachsende Pflegebedürftigkeit handelt.
Ist letzterer Fall gegeben, sollten durch die Angehörigen entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Hierzu gehört erst einmal das Komplettieren der gesamten Unterlagen des Pflegebedürftigen (medizinische Befunde, Schwerbehindertenausweis, Bescheide der Versorgungsämter, eine Aufstellung der vorhandenen Hilfsmittel, eine aktuelle Medikamentenliste, Unterlagen aus bisherigen Krankenhausaufenthalten, eine Auflistung aller regelmäßig anfallenden Arzt- bzw. Therapietermine).
Im Anschluss an diese Tätigkeiten sollte über eine Patientenverfügung bzw. eine Vorsorgevollmacht für den Pflegebedürftigen nachgedacht werden. Mit der Patientenverfügung legt der Pflegebedürftige fest, welche Behandlungen bzw. Maßnahmen in einem konkreten Fall, in dem dieser nicht mehr selbst gefragt werden kann, durchgeführt oder unterlassen werden sollen.
Mit der Vorsorgevollmacht bestimmt der Pflegebedürftige eine Person seines Vertrauens und überträgt dieser das Recht, für sich Entscheidungen zu treffen, die er auf Grund seiner Erkrankung nicht mehr selber treffen kann. Ohne diese Vollmacht würde im Akutfall ein Betreuer durch das Gericht eingesetzt.
Als Angehöriger den eigenen Pflegebedarf richtig einschätzen
Nur wer als Angehöriger auch seinen eigenen Bedarf kennt, kann die richtige Entscheidung für einen Pflegedienst treffen. Dabei ist ganz wichtig, nicht nur die pflegerischen Leistungen zu kennen, die für den Pflegebedürftigen notwendig sind, sondern ebenso das Wissen über den Zeitumfang, der für den Betroffenen notwendig ist.
Um den Pflegebedarf und den damit verbundenen Zeitaufwand richtig einzuschätzen, sollten sich Angehörige nachfolgende Fragen stellen:
Fragen zur Einschätzung des Pflegebedarfs | Leistungen in den Bereichen Grundpflege und Hauswirtschaft | geschätzter Zeitaufwand |
---|---|---|
Welche Hilfestellungen sind für den Pflegebedürftigen notwendig? | bspw. Verbände anlegen und wechseln, Blutzucker messen, Insulin spritzen, Blutdruck messen, Medikamente richten, Stomaversorgung bei einem künstlichen Darm- bzw. Blasen-ausgang, Ernährung über eine Sonde | |
Wie viel Zeit können Angehörige an welchen Wochentagen einbringen? | z.B. Sauberhalten der Wohnung, Reinigung der Wäsche, Erledigung der Hausarbeit, Fahrdienst zu Behörden oder zum Arzt | |
Wie viel Zeit können Freunde an welchen Wochentagen einbringen? | z.B. Hilfestellung bei der Pflege eines Sterbenden, den Pflegealltag organisieren | |
Welche Hilfestellungen sind dem Pflegebedürftigen bzw. den Angehörigen besonders wichtig? | z.B. Umbaumaßnahmen innerhalb der Wohnung, Notwendigkeit eines Kranken-bettes, Badewannenlifter | |
Welche Situationen meistert der Pflegebedürftige noch alleine? | ||
In welchen Bereichen überschätzt sich der Pflegebedürftige? |
Die Beantwortung der vorgenannten Fragen ist äußerst wichtig, denn es macht einen Unterschied, ob der Pflegebedürftige einen ganztägigen Pflegedienst benötigt oder ob der Pflegedienst ausschließlich am Morgen kommen soll (z.B. zum Waschen), weil sich der Angehörige in der Arbeit befindet. Nach Rückkehr von der Arbeit kann der Angehörige selbst sich wieder um die Pflegemaßnahmen kümmern.
Ebenso müssen sich die pflegenden Angehörigen fragen, ob sie nicht vielleicht über das Wochenende frei nehmen wollen (weil sie unter der Woche arbeiten müssen). Für diesen Fall müsste der Pflegedienst dann auch am Wochenende kommen.