Ohne Gerichtsbeschluss keine Vollstreckungsmaßnahmen
Nach dem so genannten Nachrang- bzw. Subsidiaritätsgrundsatz springt der Sozialstaat grundsätzlich dann ein, wenn ein Hilfebedürftiger nicht mehr für sich selbst sorgen kann und auch die unterhaltsrechtlich Verantwortlichen den Lebensunterhalt nicht mehr sicherstellen können.
Daher wird erst einmal geprüft, ob dem Pflegebedürftigen entsprechende Mittel zur Verfügung stehen oder ob Unterhaltsansprüche per einstweiliger Verfügung gerichtlich durchzusetzen sind (§ 1 SGB XII).
Aber Achtung: Dass das Sozialamt den Unterhalt einfordert, macht den Anspruch noch nicht zu einem sozialrechtlichen Anspruch. Denn steht einer Pflegeperson nach familienrechtlichen Regelungen kein Unterhaltsanspruch zu, dann kann auch das Sozialamt keinen Anspruch daraus geltend machen.
Dennoch prüft das Sozialamt, ob Eltern, bevor diese von ihren Kindern Unterhalt einfordern können, vorrangige Ansprüche geltend machen können, bspw. aus Lebens- oder Kapitalversicherungen.
Gleiches gilt etwa auch bei einem Anspruch aus einem Schenkungswiderruf. Was viele nicht wissen: Zwar verweisen die Sozialbehörden in ihren Schreiben darauf, dass die Eltern immer zuerst diese Forderungen geltend machen müssen. Doch eben diese Argumentierung ist falsch!
Die Geltendmachung solcher Forderungen ist rechtlich immer nur dann zulässig, wenn diese kurzfristig für den Betroffenen realisierbar sind. Entscheidend ist daher stets, ob die pflegebedürftigen Eltern im Moment der Antragstellung auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung haben, um sich selbst unterhalten zu können (BVerwGE 21, 2018 [212]).
Wird dies vom Sozialgericht nicht befolgt, muss beim zuständigen Sozialgericht eine einstweilige Verfügung beantragt werden.
Keine Möglichkeit der sofortigen Verwertung besteht daher bei Immobilienbesitz, bei Anteilen an unaufgelösten Erbengemeinschaften oder bei Geldanlagen, die auf Grund von zu beachtenden Kündigungsfristen nicht sofort zur Verfügung stehen. In diesen Fällen ist die Sozialbehörde sogar dazu verpflichtet, die Sozialhilfeleistungen darlehensweise zu gewähren.
Kann ein Hilfebedürftiger hingegen nicht alle Kosten decken, die er für den Pflegedienst oder für ein Pflegeheim aufzubringen hat, wird das Sozialamt den Kindern bzw. den Eltern des Pflegebedürftigen gegenüber eine Überleitungs- bzw. eine Rechtswahrungsanzeige zusenden.
Gleichzeitig verlangt die Sozialbehörde Auskünfte über die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Pflegebedürftigen. Wurden Schenkungen durch den Pflegebedürftigen innerhalb der letzten 10 Jahre vorgenommen, wird die Sozialbehörde diese Schenkungen widerrufen, um damit an sich einen Überleitungsbescheid zur Einziehung dieses Schenkungsbetrages zu übertragen. Auch hier ist es stets sinnvoll, sich gegen diese Verfügungen von Amts wegen zur Wehr zu setzen.
Ganz wichtig: Vielfach ist eine Einigung mit der Sozialbehörde nicht möglich. Aber auch in diesem Fall ist der Sozialhilfeträger noch lange nicht berechtigt, den Kindern bzw. Angehörigen den Gerichtsvollzieher auf den Hals zu schicken.
Vielmehr muss der Sozialhilfeträger bei dem zuständigen Familiengericht einen Zahlungsantrag stellen. Mit dem Gerichtsbeschluss erfolgt dann ein Vollstreckungstitel, und erst zu diesem Zeitpunkt ist die Sozialbehörde berechtigt, Zwangsmaßnahmen einzuleiten.
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