Vermögen als Berechnungsgrundlage des Sozialamtes

Bei der Berechnung des Unterhalts zählt nicht nur das Einkommen, sondern auch das Vermögen. Zum Vermögen zählen Eigentumswohnungen, Ferienhäuser, Bankguthaben, Aktien und Wertpapiere.

Außen vor bleibt das so genannte Schonvermögen, zum Beispiel selbst bewohnte Häuser und Wohnungen, sofern sie nicht übertrieben luxuriös sind.

Gleiches gilt für das angesparte Vermögen, auch dieses braucht nicht angetastet zu werden. Doch nicht auf alle Dinge ist der Zugriff verwehrt. Zum Beispiel Sparbücher, Aktiendepots oder sonstige Vermögenswerte, die oberhalb einer bestimmten Grenze liegen, müssen eingesetzt werden, um für den Unterhalt der Eltern aufzukommen.

Die Grenzen liegen bei den Sozialämtern unterschiedlich hoch: Kinder dürfen meist zwischen 20.000 und 80.000 Euro für sich behalten. Andererseits sinkt die Grenze erheblich, wenn ein eigenes Haus oder eine Wohnung zur Verfügung steht.

Beispiel:

Monatliche Belastung für das Pflegeheim der Mutter: 2.000 Euro

Dieser Betrag wird vorerst vom Sozialamt übernommen Als der Sohn zur Kasse gebeten wird, ergibt sich folgende Konstellation:

Er ist verheiratet, hat zwei Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren, sein Nettoverdienst liegt bei 4.000 Euro, zuzüglich fallen 350 Euro an Kapitalerträgen monatlich an.

Da seine Frau selbst nicht erwerbstätig ist, die Familie aber in einer Eigentumswohnung lebt, ergibt sich folgende Rechnung:

Einkünfte

Einkommen, netto: 4.000 Euro

Zinsen/Kapitalerträge: 350 Euro

Wohnwert (Eigentumswohnung): 1.000 Euro

Gesamteinkünfte: 5.350 Euro     

Abzugsposten

Schuldentilgung für die Eigentumswohnung: 700 Euro

Kindesunterhalt: 1.050 Euro

Ehegattenunterhalt: 1.590 Euro

Notwendiger Selbstbehalt: 1.600 Euro

Verleibendes Einkommen: 410 Euro

Zahlung an das Sozialamt (50 %): 205 Euro

Die Höhe des Unterhalts

Die Höhe des Unterhalts hängt stets ab von der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des zur Zahlung Verpflichteten. Die Unterhaltszahlungen selbst sollen den Lebensbedarf des Bedürftigen decken. Dazu zählen alle Bedürfnisse des täglichen Lebens wie Wohnung, Kleidung, Ernährung, Freizeit, Krankenversicherung, Berufsausbildung und Altersversicherung.

Da jeder Mensch einen anderen Lebensstil bzw. Lebensstandard besitzt, ist stets auch von den ehelichen Lebensverhältnissen auszugehen. Was nichts anderes bedeutet als: je höher das eheliche Lebensniveau, desto höher auch der Unterhalt.

So kann mindestens die Hälfte von dem verlangt werden, was während der Ehe für den Unterhalt ausgegeben wurde. Im Klartext: Der in der Ehe bestehende Standard wird also auch immer auf die Zeit danach übertragen.

Wichtig: Geht es um Unterhaltsleistungen, wird stets vom Einkommen gesprochen. Einkommen ist jedoch weder das Brutto- noch das Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten, sondern ausschließlich das bereinigte unterhaltsrelevante Nettoeinkommen. Damit gehen zum Beispiel finanzielle Verpflichtungen des Unterhaltspflichtigen (bspw. Mietzahlungen) dem Unterhalt vor.

Relevanz und Bereinigung

Relevant für die konkrete Berechnung ist stets das Nettoeinkommen, errechnet aus

  • dem Bruttomonatsgehalt
  • plus 1/12 des Weihnachtsgeldes
  • plus 1/12 des jährlichen Urlaubsgeldes
  • abzüglich diverser Steuern und Versicherungen.

Von diesem verbleibenden Nettoeinkommen sind nochmals 5 Prozent an berufsbedingten Aufwendungen abzuziehen.

Ansonsten ergibt sich das bereinigte unterhaltsrelevante Nettoeinkommen nach Abzug folgender Posten:

  • Steuerzahlungen
  • Sozialabgaben
  • Mietzahlungen
  • Zeitungsabonnements
  • Aufwendungen für die private Altersvorsorge
  • Finanzierung eines geleasten Pkws

Unterhaltsrelevant ist von daher immer nur derjenige Teil des Einkommens, der auch tatsächlich frei für den Lebensunterhalt zur Verfügung steht.

Setzt der Unterhaltsverpflichtete hingegen seine Rechte nicht durch, dann legen die Gerichte bzw. die Sozialbehörden ihm fiktive Einkünfte zugrunde, die unter Umständen höher ausfallen können als der tatsächlich berechnete Unterhalt. Daher sind vor allem folgende Rechte durchzusetzen:

  • Einsatz der Arbeitskraft, so gut wie es möglich ist
  • Nutzung von Steuervorteilen
  • Beantragung von Familienzuschlägen
  • Forderung von Abfindungen für den Fall der Kündigung
  • Vermietung von überschüssigem Wohnraum

Unterhaltsbedürftige sollten hingegen die unterhaltsrechtliche Absicherung der Altersteilzeit beantragen. Was bedeutet: Es sollte eine Korrespondenz vorliegen, aus der hervorgeht, dass dieser Gang in die Teilzeit bereits Jahre zuvor geplant war. Wer dies unterlässt und unterhaltsbedürftig wird, dem kann schnell vorgehalten werden, er hätte diesen Einkommensverlust mutwillig herbeigeführt.

Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens

Die Grundlage der Unterhaltsberechnung ist stets das bereinigte Nettoeinkommen eines unterhaltspflichtigen Kindes. Die nachfolgende Tabelle zeigt dabei besonders praxisrelevante Einkommenspositionen auf und wie diese anschließend bereinigt werden.

 
Einkommensposition
 
Abzugspositionen (sog. Bereinigung)
 
Erwerbseinkommen Ermittlung des durchschnittlichen Bruttoeinkommens (12 Monate). Umlegung von einmaligen Zuwendungen wie Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld, Prämien, Boni. Bei Selbständigen ist das Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre auf Grundlage von Bilanzen bzw. Einnahme-Überschuss-Rechnungen zu bilden.
Steuern, Sozialabgaben, Vorsorgeaufwendungen
(Hinweis: gesetzliche Sozialabgaben sind abzugsfähig, nicht hingegen zusätzliche Krankenzusatzversicherungen oder Aufwendungen für eine private Pflegeversicherung. Aus dem Selbstbehalt sind auch Hausrats-, Unfall- oder Haftpflichtversicherungen zu bestreiten).
Vom durchschnittlichen Bruttoeinkommen werden zunächst Steuern und Sozialabgaben abgezogen. Aber Achtung: Reduziert ein Unterhaltspflichtiger sein Einkommen durch die Wahl einer ungünstigen Steuerklasse (z.B. V), wird von den Sozialbehörden entsprechend die Steuerklasse IV berechnet. Steuererstattungen bzw. -nachzahlungen erhöhen oder senken dabei das Nettoeinkommen.
Berufsbedingte Aufwendungen Berücksichtigung von Fahrtkosten (Tanken etc., nicht jedoch Anschaffungs- und Instandhaltungskosten). Nach OLG-Leitlinien i.d.R. 5 % des Nettoeinkommens abzugsfähig. Angesetzt werden i.d.R. 220 Tage im Jahr (x km x 0,30 Euro x 220 Tage)
Vermögenswerte Vorteile und Spesen
Wichtig bei den Spesen (einhellige Rechtsprechung der OLGs): Spesen werden zwar vom Einkommen abgezogen, ein Drittel des Spesenbetrages muss aber als häusliche Ersparnis wieder dem Einkommen hinzugerechnet werden
Hierzu zählen kostenlose oder verbilligte Sachbezüge, die ein Arbeitgeber seinen Angestellten gewährt (z.B. freie Kost und Logis, Überlassung eines Dienstwagens, Vergünstigungen als Arbeitsanreiz [sog. Incentives]).
Firmenwagen Ein Dienstwagen erhöht das unterhaltsrelevante Einkommen nur, wenn das Fahrzeug auch privat genutzt wird. Wer den Wagen privat nutzt, kann sich an den Nutzungsausfalltabellen der Automobilclubs orientieren.
Zusätzliche Altersvorsorge Das Einkommen eines Kindes wird um einen angemessenen Altersvorsorgebetrag reduziert. Hierzu gehören auch Aufwendungen durch die betriebliche Altersvorsorge! Der BGH billigt i.d.R. einen Abzug von 5 % des durchschnittlichen Bruttoeinkommens zu (Az. XII ZR 98/04).
Einkünfte aus dem Kapital aus Vermietung und Verpachtung Hier zählt der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Unberücksichtigt bleibt hingegen die AfA (Absetzung für Abnutzung). Bei einer Finanzierung mit einem Darlehen mindern Zinsen und Tilgungsraten das unterhaltsrelevante Einkommen.
Schulden Das unterhaltspflichtige Kind muss sich hier aus anerkennungsfähigen Gründen verschuldet haben, Kredite zur Anschaffung von Luxusgütern werden hingegen nicht berücksichtigt. Schulden dürfen nicht mehrfach abgezogen werden, siehe hierzu*
Besondere Belastungen Abzugsfähig sind regelmäßige Besuche des unterhaltspflichtigen Kindes beim Unterhaltsberechtigten im Pflegeheim (Fahrkosten als besondere Belastung). Anzusetzen sind stets die tatsächlichen Fahrtkosten, ein pauschaler Abzug ist nicht zulässig. Weiter abzugsfähig sind Kinderbetreuungskosten, Behandlungskosten und Medikamentenzuzahlungen sowie vorrangige Unterhaltspflichten (z.B. Unterhalt für die Betreuung eines nichtehelichen Kindes, § 1615 I BGB).

* Finanzierungskosten eines Pkw sind zum Beispiel in der Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen bzw. Fahrtkosten enthalten.

 

 

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