Die Expresssondierungen für die Mitglieder der Ersatzkassen haben eine positive Option für Versicherte hervorgebracht. Wovon ist die Rede?
Die jüngste repräsentative Umfrage von Infratest ergab, dass 52 Prozent der Deutschen eine Neuauflage der Großen Koalition ablehnen. Verkehrsminister Dobrindts (CSU) Aufforderung an Martin Schulz, den Zwergenaufstand in der SPD zu beenden, dürfte den Genossen den Koalitionspartner CDU / CSU kurz vor der Abstimmung über den künftigen Kurs nicht gerade näher gebracht haben.
Rückkehr zur paritätischen Beitragszahlung
Die Ersatzkassen zählten im Juli 2017 rund 33,1 Millionen beitragszahlende Pflichtmitglieder und sechs Millionen freiwillige Mitglieder.
Quelle: Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Auch wenn bei den freiwilligen Mitgliedern viele Selbstständige dazuzählen, würden diese von den Planungen einer möglichen neuen großen Koalition auch teilweise profitieren. In erster Linie könnten sich jedoch Arbeitnehmer freuen.
Die drei Parteien hatten sich darauf geeinigt, wieder zu einer paritätischen Beitragszahlung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zurückzukehren. Mit der Einführung des Zusatzbeitrages lag der größere Teil der Krankenkassenbeiträge bei den Arbeitnehmern. Sie und die Arbeitgeber teilen sich nur den Einheitsbeitrag von 14,6 Prozent auf maximal 4.425 Euro monatlich im Jahr 2018.
Dazu kommt allerdings noch der Zusatzbeitrag, der von Krankenkasse zu Krankenkasse unterschiedlich ausfällt. Dieser beträgt bei den überregional geöffneten Kassen zwischen 0,59 Prozent und 1,7 Prozent.
In den Sondierungsgesprächen wurde beschlossen, den Zusatzbeitrag wieder zu streichen, dafür den Beitrag zur Ersatzkasse wieder zu gleichen Teilen auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufzuteilen.
Theoretisch würde dies für einen Bezieher eines Monatslohns von brutto 3.000 Euro eine Entlastung von 27 Euro bedeuten. Wer über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, könnte sich über Einsparungen in Höhe von 39,83 Euro freuen. Gleiches gilt für freiwillig versicherte Selbstständige.
Unverbindlichkeit siegt
Sondierungsgespräche wären aber keine Sondierungen, wenn alle Fakten schon feststünden. So fällt die Formulierung darüber, was mit dem Zusatzbeitrag passiert, wachsweich bis gar nicht aus. Teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer den aktuellen Beitrag einschließlich Zusatzbeitrag zur Hälfte und es fällt nur das Wort „Zusatzbeitrag“ weg?
Oder fällt der Zusatzbeitrag tatsächlich weg und es gilt künftig nur der Einheitsbeitrag von 14,6 Prozent?
„Wir werden die Parität bei den Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung wiederherstellen. Die Beiträge zur Krankenversicherung sollen künftig wieder in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten geleistet werden.“ (1)
In beiden Fällen käme es auf jeden Fall zu einer Entlastung, auch für Selbstständige. Im zweiten Fall, des indirekten Beibehaltens des Zusatzbeitrages würde sich die Einsparung bei Arbeitnehmern um die Hälfte reduzieren. Selbstständige würden ebenfalls die Hälfte des Zusatzbeitrages einsparen.
Und was ist mit der Bürgerversicherung?
Dieses Thema ist definitiv vom Tisch. Es wäre auch zweifelhaft, ob die Deutschen mit einem Modell beispielsweise nach Schweizer Vorbild so glücklich wären. Beispielsweise sieht die eidgenössische Pflichtversicherung keinerlei Leistungen bei Zahnbehandlungen vor.
Keinerlei bedeutet keine, noch nicht einmal Regelleistung oder einen marginalen Zuschuss. Die Schweizer müssen, wenn sie zum Zahnarzt gehen, entweder in die eigene Tasche greifen oder auf eine private Zusatzpolice zurückgreifen.
Das norwegische Modell der Bürgerversicherung hatte zur Folge, dass private Krankenversicherungen auf den Markt kamen (2). Was dies an monatlichem Beitrag für einen Rentner ausmachen würde, würde dessen Budget sprengen.
Natürlich klingt der Begriff „Bürgerversicherung“ nach mehr Gleichbehandlung im Gesundheitswesen, alleine die Finanzierung ist fraglich.
Gut gemeint und auch gut argumentiert bedeutet am Ende aber noch lange nicht, auch gut gemacht.
Quellen und Hintergründe:
Tagesschau: Zur finalen Fassung des Sondierungspapiers von CDU, CSU und SPD
Michael Klinski: „Bürgerversicherung“ ohne Versicherung