Die Unterbringung in einem Pflegeheim ist äußerst kostspielig
Die Unterbringung in einem Pflegeheim ist in den meisten Fällen recht kostspielig. Aus diesem Grund entsteht daher immer wieder Streit unter Kindern, wer denn nun für diese Kosten der pflegebedürftigen Eltern aufkommen muss.
Denn in den meisten Fällen können die Eltern für die hohen Tagessätze selbst nicht mehr aufkommen. Wenn diese Pflege benötigen, reicht die Rente oft nicht aus. Zwar springt zunächst das Sozialamt ein, doch die Behörde fordert das Geld zurück, wenn die Kinder genügend verdienen oder Vermögen vorhanden ist.
Der Grund: Muss ein Rentner ins Heim, kostet dies im Durchschnitt rund 3.500 Euro, lediglich 1.612 Euro werden durch die Pflegeversicherung dazubezahlt. Die Differenz zahlt das Sozialamt. Aber Achtung: Immer häufiger nutzen Sozialämter den so genannten Elternunterhalt zur Sanierung ihrer Kassen und fordern zu Unrecht mehr Geld von den Kindern zurück als erlaubt.
Der Grund: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) müssen Verwandte in gerader Linie einander Unterhalt gewähren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass lediglich Eltern ihre Kinder unterstützen müssen, sondern Kinder auch ihre Eltern. Und zwar immer dann, wenn diese in eine finanzielle Notlage geraten.
Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen ist dabei nicht auf einen den angemessenen Selbstbehalt übersteigenden Teil seines Einkommens beschränkt (BGH, Az. XII ZR 69/01). Der Selbstbehalt kann vielmehr bereits dadurch gewahrt sein, dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen des Familienunterhalts sein Auskommen hat.
Soweit das Einkommen des Kindes, das seinerseits zum Familienunterhalt nur soviel beitragen muss, wie es dem Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte entspricht, hierfür nicht benötigt wird, steht es diesem selbst zur Verfügung.
Insoweit kann es deshalb für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern sein angemessener Selbstbehalt insgesamt gewahrt ist. Soweit das Einkommen eines Ehegatten nicht in den Familienunterhalt fließt, sondern einer Vermögensbildung zugeführt wird, steht es grundsätzlich für Unterhaltszwecke zur Verfügung.
Fazit: Einen Teil von dem, was Gutverdienende sonst auf die hohe Kante legen, müssen Kinder im Bedarfsfall für die Heim- und Pflegekosten ihrer betagten Eltern aufwenden. Gleichzeitig bekräftigte der BGH, dass zum Unterhalt verpflichtete erwachsene Kinder keine Abstriche von ihrem Lebensstandard machen müssen.
Der Hintergrund: Weil im Bundesdurchschnitt rund zehn Prozent gespart werden, kann nach Ansicht der BGH-Richter in solchen Fällen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das gesamte Einkommen der Familie für die laufenden Kosten aufgebracht wird.
Zwar ist der Ehemann gegenüber seiner Schwiegermutter nicht unterhaltspflichtig und kann daher nicht unmittelbar haftbar gemacht werden. Ist jedoch bei beiden Ehepartnern ein angemessener Unterhalt gesichert, muss etwas von dem Überschuss für den so genannten Elternunterhalt abgezweigt werden.
Vermögen erwerbstätiger Kinder kann für Unterhaltspflicht herangezogen werden
Dabei wird oftmals vergessen: Auch das Vermögen eines erwerbstätigen Kindes kann in bestimmten Fällen für die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern herangezogen werden (BGH, Az. XII ZR 69/01).
Weiter gilt: Wer durch das Einkommen des Ehegatten finanziell abgesichert ist, muss auch über diesen „Selbstbehalt“ hinaus etwas vom eigenen Verdienst – zum Beispiel für die Heimkosten der Eltern – abgeben. Damit gilt der eiserne Grundsatz: Jegliches Einkommen, das nicht für den Familienunterhalt, sondern zur Vermögensbildung verwendet wird bzw. wurde, steht grundsätzlich für Unterhaltszwecke zur Verfügung.
Neben dem regelmäßigen Einkommen kann auch auf das Vermögen zurückgegriffen werden, also z.B. auf Eigentumswohnungen oder Ferienhäuser. Selbst genutztes Wohneigentum darf allerdings nicht angetastet werden. Auch Bankguthaben, Aktien oder Wertpapiere werden grundsätzlich – nach Abzug unterschiedlicher Freibeträge (vom Bundesland abhängig) – berücksichtigt.
Der Bundesgerichtshof als oberstes Zivilgericht hat allerdings in einer Reihe von Urteilen die Erstattungspflicht der Kinder begrenzt. Der Grund: Diese Angehörigen, die häufig über fünfzig oder sogar schon selbst im Rentenalter sind, sollen nicht gezwungen sein, sich massiv einzuschränken. Außerdem wissen die Bundesrichter, dass diese Generation teilweise noch selbst für ihre Kinder sorgen und auch für ihre eigene Altersvorsorge sparen muss.
Daher gilt als grobe Faustregel: Ein erwachsenes Kind muss für seine pflegebedürftige Mutter zahlen, wenn sein Einkommen 1.600 Euro überschreitet. Einen Überschuss muss es allerdings nicht ganz abgeben, sondern in der Regel nur die Hälfte davon.
Diese Einkommensgrenze liegt allerdings höher, wenn der Ehepartner – etwa die Frau -, keine eigenen Einkünfte hat. Hier schuldet der Mann der Frau Unterhalt. Für die Eltern muss er daher nur dann zahlen, wenn sein Einkommen über 2.600 Euro liegt.
Diese Grenze kann sich allerdings noch erhöhen, wenn der Mann sehr gut verdient und seine Frau einen hohen Unterhaltsanspruch hat. Denn für ein Ehepaar gilt der Halbteilungsgrundsatz: Bei einem hohen Verdienst des Mannes hat die Ehefrau Anspruch auf etwa die Hälfte.
Bei unterhaltspflichtigen Kindern müssen Unterhaltsverpflichtete nichts bezahlen
Sind dann auch noch unterhaltsberechtigte Kinder in der Familie, liegen die Grenzen insgesamt so hoch, dass normalerweise nichts gezahlt werden muss!
Beispiel:
Mutter, 75jährig, 2 Kinder (A und B), begibt sich in ein Alten- und Pflegeheim, weil kein Familienangehöriger in der Lage ist, eine stundenweise Betreuung zu übernehmen. Die Kosten für das Alten- und Pflegeheim betragen 2.500 Euro, die Mutter erhält 1.500 Euro an Witwenrente und Pflegegeld.
Leitsatz: Bei der Prüfung der Unterhaltspflicht eines erwachsenen Kindes für seine Eltern ist das Einkommen seines Ehegatten ohne Belang. Es ist allein das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes maßgebend (OLG Frankfurt, Az. 1 UF 363/00).
Zum Fallbeispiel:
Bei Differenzkosten von 1.000 Euro pro Monat ist der Notgroschen der Mutter relativ schnell aufgebraucht. Das Sozialamt springt jetzt mit 1.000 Euro ein und nimmt aus übergeleitetem Recht die Kinder in Anspruch.
Monatliches Einkommen des Sohnes (A): 2.500 Euro, Einkommen seiner Ehefrau: 500 Euro
Ausgaben: Hausschulden, 1.000 Euro
Monatliches Einkommen der Tochter (B): 500 Euro, Einkommen ihres Ehemannes: 2.000 Euro
Die Tochter wendet gegenüber dem Sozialamt ein von 500 Euro könne sie nicht auch noch Unterhalt für die Mutter abführen, während sich der Sohn darauf beruft, zum einen sei seine alleinige Inanspruchnahme unbillig, zum anderen habe er ja monatliche Hausschulden in Höhe von 1.000 Euro zu zahlen.
Leitsatz: Auch Geringverdiener können zu Elternunterhalt verpflichtet werden (BGH). Die Entscheidung betrifft aber vor allem Ehefrauen mit geringem eigenem Einkommen, deren Ehemann aber entscheidend zum Familienunterhalt beiträgt. Dies gilt umso mehr, wenn das Eigenheim bereits abbezahlt wurde und auch keine unterhaltspflichtigen Kinder mehr vorhanden sind.
Von daher gilt: Gemäß § 1602 Abs. 1 BGB besteht im Beispielfall ein Unterhaltsanspruch der Mutter gegen ihre beiden Kinder. Kommen die Kinder ihrer Unterhaltsverpflichtung allerdings nicht nach, leistet das Sozialamt Sozialhilfe. Die Ansprüche der Mutter gegen die Kinder gehen dann auf das Sozialamt über.
Wichtig: Durch die Überleitung wird jedoch kein neuer Rechtsgrund für die Forderung geschaffen! Was bedeutet: Es kann nicht mehr übergeleitet werden, als dem Sozialhilfeberechtigten selbst zugestanden hätte.
Unterhaltsschuldner haben also in einem Prozessfall die Möglichkeit, alle Einwände vorzubringen, die sie gegebenenfalls auch dem Unterhaltspflichtigen – hier der Mutter – gegenüber vorgebracht hätten.
Ein denkbarer Einwand ergibt sich in diesem Fall aus § 1603 BGB, wonach derjenige nicht unterhaltspflichtig ist, der unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts einem Unterhaltsberechtigten Unterhalt zu gewähren.