Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (Az. L 2 P 66/11)
Private Pflegeversicherung muss Kosten für ein elektrisches Pflegebett übernehmen
Wer schon einmal einen Angehörigen gepflegt hat, der weiß um die vielfältigen Schwierigkeiten, die mit dieser Aufgabe verbunden sind. Oft benötigt der Patient eine Pflege rund um die Uhr, die nur unter Verwendung diverser Hilfsmittel umgesetzt werden kann.
Ohne die notwendigen Hilfsmittel ist es jedoch kaum möglich, einen vernünftigen Lebensstandard für die betroffenen Personen aufrecht zu erhalten.
Doch inwieweit gibt es einen Rechtsanspruch auf die Kostenübernahme für die Anschaffung solcher Hilfsmittel? Beispielsweise für ein elektrisches Bett, mit dem der Pflegebedürftige in verschiedenen Positionen sitzen, essen oder auch schlafen kann?
Häusliche Pflege ohne Kostenübernahme der Hilfsmittel kaum darzustellen
Wer bereits einmal bettlägerig war, der wird die Vorteile eines solchen Bettes sicherlich zu schätzen wissen. Allerdings ist die Konstruktion teuer, so dass ein elektrisches Pflegebett durchaus einige tausend Euro kosten kann.
Dass sich in diesem Fall einige Pflegeversicherungen weigern, die entsprechenden Kosten zu übernehmen, ist kein Wunder. Doch dürfen sie das? Oder gehört die Kostenübernahme für elektrische Pflegebetten zu den gesetzlich geforderten Leistungen dieser Versicherungsform?
Mit dieser schwierigen Frage hatte sich das Bayerische Landessozialgericht zu beschäftigen. Hier der Sachverhalt, welcher der Gerichtsverhandlung zugrunde lag:
Ist eine Standard-Lösung ausreichend?
Der Pflegebedürftige, ein 191 cm großer Mann, litt an einer Muskelkrankheit und muss in diesem Zusammenhang auch künstlich beatmet werden. Von seiner privaten Pflegeversicherung war er in die Pflegestufe 3 eingeordnet worden.
In diesem Zusammenhang übernahm die Versicherung die Kosten für ein Standard-Pflegebett, das für die Versorgung des Bedürftigen ihrer Meinung ausreichend ausgestattet war. Die Angehörigen, welche die Pflege des Versicherten übernommen hatten, betonten jedoch gegenüber der Versicherung, dass es eine deutliche Entlastung der schweren Pflegearbeiten wäre, wenn sich der Patient eigenständig aufsetzen und auch im Bett umlegen kann. Die Lebensqualität erhöht sich und die Einsatzzeiten des Pflegepersonals werden reduziert.
Die private Pflegeversicherung lenkte in diesem Fall nicht ein und beharrte darauf, dass das Standard-Pflegebett für den Versicherten ausreichend sei. Dies wollten die Angehörigen nicht einsehen und reichten im Namen des Versicherten Klage gegen die Versicherungsgesellschaft ein. Der Fall wurde schließlich vor dem Bayerischen Landessozialgericht verhandelt.
Richter bestätigen Notwendigkeit hochwertiger technischer Hilfsmittel
Die Richter kamen hier zu der Ansicht, dass dem Kläger das elektrische Pflegebett zustehe und die Versicherung die Kosten dafür in vollen Umfang übernehmen müsse. In seiner Begründung führte das Gericht insgesamt sieben Kriterien an, die dafür sprechen, dem Pflegebedürftigen eine Sonderversorgung zukommen zu lassen.
Zu diesen Kriterien gehört beispielsweise, dass sich der Kläger mithilfe seines Spezialbettes selbst umlagern und aus dem Bett gelangen kann. Durch den zur Verfügung stehenden Rollstuhl kann er dann auch eigenständig zur Toilette gehen.
Für all diese Maßnahmen war zuvor entsprechendes Pflegepersonal notwendig. Ein weiteres Kriterium, welches ebenfalls vom Gericht angesprochen wurde, ist die Prophylaxe gegen Wundliegen und Thrombose. Auch diese ist nur unter Verwendung des elektrischen Bettes möglich, nicht jedoch mit einem Standard-Pflegebett.
Welche Versicherung ist zuständig?
In diesem Zusammenhang wurde dem Gericht auch die Klärung der Frage auferlegt, für welche Leistungen grundsätzlich die Krankenversicherung zuständig ist, und für welche die zusätzliche private Pflegeversicherung. Das Gericht stellte diesbezüglich fest, dass dies nach den Kriterien schwerpunktmäßig dem Aspekt der Pflege des Versicherten zuzuordnen sei. Somit müssen die Kosten von der Pflegeversicherung übernommen werden.
Letztendlich wurde der Klage stattgegeben, die private Pflegeversicherung muss die Finanzierung des elektrischen Bettes voll übernehmen. Das Urteil erweist sich insofern als richtungsweisend, dass die durch das Bayerische Landessozialgericht aufgestellten Kriterien auch von anderen Gerichten und Institutionen dafür übernommen werden können, die Erforderlichkeit elektrischer Pflegehilfsmittel zu beurteilen. Es ist davon auszugehen, dass davon in Zukunft rege Gebrauch gemacht wird.