Urteile des LG Dortmund, Az: 4 O 247/11 und Az.: 4 O 249/11
Kosmetikinstitut muss nach Vermittlungstätigkeit für eine verpfuschte Schönheitsoperation in der Türkei haften
Mit Schönheitsoperationen ist das so eine Sache: Da es sich hier nicht um lebensnotwendige operative Eingriffe handelt, urteilten die Richter in der Vergangenheit in vielen Fällen anders als bei medizinisch notwendigen Operationen. Kommt dann auch noch die Tatsache hinzu, dass nicht der Operateur selbst, sondern der Vermittler für eine verpfuschte Operation haftbar gemacht werden soll, wird die Sachlage richtig kompliziert.
Oder mit anderen Worten gefragt: Muss ein Vermittler, über den der Kunde eine Schönheitsoperation im Ausland bucht, für Fehler haften, die im Rahmen dieser Operation gemacht werden? Mit diesem schwierigen Sachverhalt hatte sich das Landgericht Dortmund auseinanderzusetzen.
Im Detail gestaltete sich der Fall wie folgt:
Zwei türkischstämmige Frauen aus Köln gerieten an die Werbung eines Kosmetikinstituts im westfälischen Lünen, das unter anderem damit warb, günstige Eingriffe im kosmetischen Bereich in der Türkei zu vermitteln. Die Werbung wurde sowohl im Internet als auch in den Filialen des Instituts dargeboten.
Die 42- und 44 Jahre alten Freundinnen ließen sich vor allem von dem günstigen Preis beeindrucken, der für die kosmetischen Operationen in der Türkei aufgerufen wurde. Sie entschieden sich schließlich jeweils für eine Brustoperation, die 42–Jährige ließ sich zudem auch noch das Bauchfett absaugen.
In Deutschland wäre hierfür ein Preis von etwa 16.000 Euro aufgerufen worden, wohingegen die gleiche Korrekturen in der Türkei nur etwa 5.000 Euro kosten sollten. Für die Bruststraffung ihrer 44–jährigen Freundin sollten Kosten von rund 2.500 Euro anfallen. Die Frauen ließen sich schließlich überzeugen und nahmen das Angebot an.
Voruntersuchung in Deutschland – Eingriff in der Türkei
Es folgte zunächst eine Voruntersuchung, zu der der türkische Arzt nach Deutschland kam und in einem Hinterzimmer der Kölner Filiale des Kosmetikinstitutes mit den Frauen sprach. Um die eigentlichen Operationen durchzuführen, begaben sich die beiden Freundinnen schließlich in die Klinik des Arztes nach Ankara in der Türkei. Die Operationen liefen jedoch nicht wie geplant. So musste die 42–jährige Frau insgesamt sieben Tage in der Türkei bleiben, obwohl sie laut Voraussage des Arztes eigentlich schon am nächsten Tag das Land wieder verlassen hätte können.
Der Arzt erklärte ihr den längeren Aufenthalt mit dem individuellen Heilungsprozess. Als die Patientinnen schließlich in Deutschland zurück waren, erfolgte die Nachbehandlung der Operationen wiederum in den Räumen des Kosmetikinstituts in Köln. Diese Nachbehandlungen wurden unter teils abenteuerlichen Bedingungen durchgeführt. So zog der behandelnde Arzt – wiederum aus der Türkei angereist – beispielsweise die Fäden mit einer herkömmlichen Pinzette und einer Nagelschere. Diese Werkzeuge waren weder steril verpackt noch für diese Aufgabe geeignet.
Wer haftet für den medizinischen Pfusch?
Das Ergebnis der Schönheitsoperation fiel entsprechend negativ aus. Bei der Brustoperation wurde die Haut nicht ausreichend gestrafft, der Bauch der 42–Jährigen geriet nach dem Fettabsaugen asymmetrisch und war von Dellen übersät. Außerdem entzündeten sich bei beiden Frauen aufgrund mangelnder Hygiene die OP-Narben, wodurch teils erhebliche Schmerzen entstanden. Die beiden Freundinnen verklagten schließlich das deutsche Kosmetikinstitut, welches die Operation vermittelt hatte.
Dieses hatte nicht nur aktiv für die Dienstleistung geworben, sondern auch die komplette Bezahlung abgewickelt. Der Fall wurde daraufhin vor dem Landgericht Dortmund verhandelt, wo man der 42-jährigen Frau insgesamt 12.000 Euro Schmerzensgeld zusprach (Az: 4 O 247/11), der 44-Jährigen 5.000 Euro (Az: 4 O 249/11).
Im Rahmen der Gerichtsverhandlung kamen die abenteuerlichen Umstände dieser Schönheitsoperationen zumindest teilweise ans Licht. Dem hinzugezogenen Sachverständigen verschlug es die Sprache, er verglich die Operationen mit denen eines Tierarztes.
Das Gericht hatte große Schwierigkeiten, die Behandlung überhaupt nachvollziehen zu können, da der türkische Arzt weder die Behandlungsunterlagen dem Gericht zur Verfügung gestellt hatte noch selbst einer zweifachen Ladung zum Prozess gefolgt war. Daher ging das Gericht von einem indirekten Schuldanerkenntnis aus. Es müsse somit als bewiesen gelten, dass der Arzt die durch den Rechtsvertreter der Frau aufgerufenen Fehler begangen habe.
Nicht der Pfuscher, sondern die Vermittler zahlen das Schmerzensgeld
Zu den Schmerzensgeldern in bereits beschriebene Höhe kommt noch die Auflage an den behandelnden Arzt, sich auch um die weiteren Schäden bei den Betroffenen zu kümmern, falls diese in der Zukunft auftreten. Ob er seinen Verpflichtungen allerdings wirklich nachkommt, darf bezweifelt werden.
Bemerkenswert ist jedoch, dass nicht der türkische Arzt die Schmerzensgelder zahlen muss, sondern das Kosmetikinstitut in Deutschland, welchen den Kontakt vermittelt hatte und die Abwicklung der Zahlungen übernahm. Da der Operationszeitpunkt bei der Verhandlung bereits fünf Jahre zurücklag, muss das Institut außerdem die bis dato angefallenen Zinsen erstatten.
Mittlerweile hat die beklagte Partei die Vermittlung solcher Operationen ins Ausland aufgegeben. Und auch ähnlich agierende Unternehmen dürften in Zukunft zumindest vorsichtiger sein, was die Auswahl, Vermittlung und Durchführung von kosmetischen Operationen im Ausland betrifft. Schließlich muss nun jeder Vermittler befürchten, eine Mithaftung übernehmen zu müssen, falls bei der Operation etwas schiefgeht.