Können Ältere und Rentner aus der PKV in die GKV wechseln?

Im Alter winkt der wohlverdiente Ruhestand. Gleichzeitig kommen für privat Versicherte aber schwierige finanzielle Zeiten auf sie zu. Einerseits sind die Rentenbezüge sicherlich nicht mehr so hoch wie das Einkommen vor dem Ruhestand.

Gleichzeitig steigen die Beiträge der privaten Krankenversicherung (PKV) schon seit vielen Jahren und sie steigen immer weiter. Die Logische Frage kommt daher auf: Besteht die Möglichkeit als Rentner aus der privaten Krankenversicherung zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu wechseln?

Komplizierte Gesetzeslage ist eigentlich ganz einfach

Der Gesetzgeber verabschiedete 2000 eine Bestimmung (SGB V, §6, Abs. 3a), die verhindern sollte, dass Kunden der privaten Krankenversicherung erst die Vorteile der PKV quasi zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung genießen und dann in das Solidarsystem zurückkehren können.

Was auf den ersten Blick vielleicht unnötig hart klingt, hat durchaus seine Berechtigung. Es stellt sich für die Versicherungsgemeinschaft nämlich folgendes Problem:

Das Solidarsystem der GKV

Vier ältere Männer sitzen auf einer Bank am Wasser während einer von ihnen etwas erklärt
© Yuri / istockphoto

Die GKV fußt auf dem Prinzip der Solidargemeinschaft. Das bedeutet, dass jüngere und gesündere Mitglieder Beiträge bezahlen, die sie selbst nicht verbrauchen. Sie kommen damit gemeinschaftlich für die Gesundheitskosten der Mitglieder auf, die beispielsweise aufgrund ihres Alters höhere Versorgungsaufwendungen benötigen.

Dieses Prinzip würde ausgehöhlt werden, wenn neue Mitglieder mit hohen Gesundheitsausgaben der Gemeinschaft beitreten, ohne im Vorfeld Gelder in das System einbezahlt zu haben.

Die Altersrückstellungen der PKV

In der privaten Krankenversicherung funktioniert das anders. Dort werden die Mitglieder in Tarifgruppen zusammengefasst. Beispielsweise alle Mitglieder, die einen bestimmten Vertrag im Jahr 2017 unterzeichneten bilden eine Gruppe.

Die Mitglieder dieser Gruppe gehen nun gemeinsam durch die Zeit. Anfang zahlen die noch jungen und fitten Kunden recht kleine Beiträge und könnten dafür Top-Leistungen beziehen, was sie aber nur wenig tun. Sie sind ja noch fit und gesund.

Daher werden von den nicht verbrauchen Beiträgen Rückstellungen gebildet, die dann für die höheren Versorgungskosten im Alter herangezogen werden sollen. Da die Rückstellungen ab einem gewissen Punkt nicht mehr reichen würden, um die Kosten der Gruppe zu decken, muss die PKV die Beiträge regelmäßig erhöhen.

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    Die Fairness beim Wechselverbot und die Unfairness im Vorfeld

    Grübelnder älterer Mann stützt seinen Kopf auf die Hand auf
    © Yuri / iStock / Thinkstock

    Es klingt verlockend: Erst günstige Beiträge und Vorzugsbehandlung bei der PKV genießen und wenn die Beiträge zu hoch werden, wechselt man einfach in die GKV. Doch es ist verständlich, dass der Gesetzgeber zum Schutz der Solidargemeinschaft diesem Verhalten einen Riegel vorschob.

    Wer seine Gesundheitskosten durch die Gemeinschaft mittragen lassen möchte, muss der Gemeinschaft eben im Vorfeld auch etwas gegeben haben. Das ist nur fair. Daher wurde festgelegt, dass mit dem vollenden des 55sten Lebensjahres ein Wechsel von der PKV in die GKV nicht mehr möglich ist.

    Das unfaire für viele Betroffene ist, dass ihnen das beim Abschluss der privaten Krankenversicherung nicht gesagt wurde oder der Ernstfall zu weit in der Zukunft lag. Der Versicherungsmakler hat kein gesteigertes Interesse, die Konsequenzen zu erörtern, denn diese Fakten senken die Abschlusswahrscheinlichkeit beträchtlich. Da ein Neuvertrag mit etwa 7 Monatsbeiträgen verprovisioniert wird, wird klar, warum Makler gewisse Themen nicht von sich aus ansprechen.

    Erschwerend kommt hinzu, dass eine Rückkehr aus der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung auch vor dem 55. Geburtstag durchaus schwierig sein kann. Liegt der Betroffene beispielsweise mit seinem Gehalt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze, ist eine Rückkehr ausgeschlossen.

    Gibt es Ausnahmen, die einen Wechsel von PKV zu GKV doch ermöglichen?

    Wir sprachen mit Sachverständigen der BKK, TK und der AOK und haben nach Ausnahmen von der Regel gefragt. Hier sieht es grundsätzlich schwierig aus. Eine Möglichkeit bestünde, wenn der Versicherte vor dem angestrebten Wechsel fünf Jahre im Ausland gelebt und sich somit dem deutschen Gesundheitssystem entzogen hatte.

    Kehrt sie oder er dann nach Deutschland zurück muss er für die Aufnahme in die gesetzliche Versichertengemeinschaft ebenfalls die Rahmenbedingungen erfüllen: Nicht älter als 55 Jahre und verdienstmäßig unter der aktuell gültigen Beitragsbemessungsgrenze.

    Andere Alternativen gibt es nach Auskunft der Sachverständigen nicht. Wer in der privaten Krankenversicherung ist, bleibt ab der magischen Altersgrenze in aller Regel auch dort.

    Was ist die 9/10 Regelung?

    Diese Regel besagt, dass nur der angehende Rentner einen Anspruch auf die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung hat, der in der zweiten Hälfte seines Arbeitslebens mindestens 90% der Zeit in der GKV versichert war.

    Ein Rechenbeispiel dazu:

    Zwei Männer mit Krawatte nutzen einen Taschenrechner ud viele Unterlagen
    © utah778 / iStock / Thinkstock

    Ein Versicherter startete damals mit 18 in sein Berufsleben. Mit 63 will er in Rente gehen. Das ergibt 45 Berufsjahre. Die Hälfte der Berufszeit hat er also mit 40,5 Jahren erreicht (18 + (45:2)).

    In den 22,5 Jahren der zweiten Hälfte seiner Arbeitszeit muss er 90% in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sein. Das entspricht 20,25 Jahren.

    Gerechnet wird hierbei taggenau. Start ist der Tag, an dem zum ersten Mal eine Beschäftigung aufgenommen wurde. Ende ist der Tag, an dem der Antrag auf Rentenbezug gestellt wird.

    Neuregelung der 9/10 Regelung für Rentnerinnen

    Ab dem 1. August 2017 greift die Änderung des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HVG), wie die Osnabrücker Zeitung berichtet. Die Neuregelung betrifft Frauen, die in der Vergangenheit privat versichert waren, beispielsweise über den Ehemann, und später wieder in sozialversicherungspflichtiges Angestelltenverhältnis zurückgekehrt sind.

    Sie dürfen die Zeiten, die sie für die Erziehung der Kinder aufgebracht haben, zu den Jahren der Mitgliedschaft in einer GKV hinzuzählen. Pro Kind können so drei Jahre hinzugerechnet werden. Ob die betroffenen Frauen, die schon in Rente sind, die teuren PKV Beiträge daraufhin zurückbekommen, ist noch nicht entschieden (Stand 7. Juli 2017).

    Kann man betroffenen Älteren mit hohen PKV Beiträgen gar nicht helfen?

    Doch, es gibt Hilfestellungen, mit denen die finanziellen Belastungen etwas abgemildert werden können. Im Grunde lassen sich drei Strategien benennen:

    • Sie wechseln zu einer neuen privaten Krankenversicherung
    • Sie bleiben bei ihrer bisherigen Versicherung und nutzen den Basis-Tarif
    • Sie lassen sich von einem spezialisierten Berater in einen anderen Tarif bei ihrer bisherigen Versicherung umschichten

    1) Wechsel zu neuer Versicherungsgesellschaft

    Diese Option kann kurzfristig dabei helfen, die monatlichen Beiträge zu reduzieren. Gleichzeitig tun sich aber zwei Probleme auf: Erstens verlieren Sie einen Großteil der Altersrückstellungen, die Ihre bisherige Gesellschaft für Sie angespart und verwaltet hat. Zweitens fehlen Ihnen eben diese Rückstellungen die die neue Versicherung durch rasant ansteigende Beiträge aufzuholen versuchen wird.

    2) Basis-Tarif bei bisheriger Versicherung

    Sie können mit dem Wechsel in diesen Tarif erheblich Geld einsparen. Gleichzeitig werden Ihnen die Leistungen enorm zusammengestrichen, so dass Sie unter Umständen zum Preis einer GKV versichert sind, aber nicht einmal deren Leistungsstandard erhalten.

    Da wir in Deutschland aber einen recht hohen Standard haben, was die Mindestleistungen angeht, könnte das für Personen, die sich ohnehin guter Gesundheit erfreuen, die durchaus beste Variante sein.

    Menschen die häufiger zum Arzt müssen, besondere Therapien annehmen möchten oder müssen und die auf Hilfs- und Heilmittel angewiesen sind, könnten beim Basis-Tarif durch andauernde Zuzahlungen in finanzielle Bedrängnis kommen. Hier hilft nur das sehr genaue Studieren des Kleingedruckten.

    3) Berater für Tarifwechsel bei bisheriger PKV

    Ein glückliches älteres Paar beim Spaziergang im Park
    © contrastwerkstatt / Fotolia.com

    Die dritte Option bietet einerseits die Möglichkeit, die Beiträge erheblich zu senken. Mancherorts werden über 60 Prozent Einsparungen erzielt. Gleichzeitig bleiben die Leistungen der Versicherung erhalten oder gleichwertig.

    Erreicht wird dies durch einen Wechsel in einen neu oder recht neu aufgelegten Tarif bei der bisherigen Versicherung, der normaler Weise nur frischen und jungen Neukunden angeboten wird. Dieses Leistungspaket ist erwartungsgemäß umfangreich und günstig, es dient schließlich dem Mitglieder-Fang.

    Ohne ausreichende Erfahrung und Übung im Umgang mit Versicherungen und deren Tarifwerken, wird sich der Privatmann schwertun, bei der Auswahl und dem unschädlichen Wechsel in den neuen Wunschtarif.

    Externe Berater bieten hier Ihre Unterstützung an. Sie nehmen für ihr Know-how in der Regel 6 bis 12 der monatlichen ersparten Beitragsanteile. Für den Versicherten ändert sich also erst einmal nichts, aber sobald sich das Honorar für den Berater finanziert hat, beginnt das dauerhafte Sparen bei gleichen Gesundheitsleistungen.